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Der Wolf, das unbekannte Wesen
200 Jahre lang galt das Raubtier in unseren Breitengraden als ausgerottet. Jetzt ist es zurück und sorgt für Diskussionen.
Von Ines Mallek-klein
Um die Rückkehr des Wolfes in hiesige Wälder ging es am Sonnabend bei einer Diskussion, die die CDU in Dürrröhrsdorf organisierte. Foto: dpa Um die Rückkehr des Wolfes in hiesige Wälder ging es am Sonnabend bei einer Diskussion, die die CDU in Dürrröhrsdorf organisierte. Foto: dpa
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Was haben wir davon, dass der Wolf wieder da ist? Es ist ein älterer Herr, der am Sonnabendabend diese provokante Frage im Vereinszentrum von Dürrröhrsdorf stellt. Die örtliche CDU hat eingeladen, um über die Rückkehr des Wolfes zu informieren. Unaufgeregt und faktenorientiert, wie der Ideengeber zu dem Infoabend, Armin Stettinius, betont. Doch ohne Emotionen geht es nicht. Die einen lieben den Wolf, die anderen hassen ihn. Dazwischen gibt es wenig, stellt Roland Schwarzkopf fest. Er ist Revierleiter in der Lausitz, ein Förster mit Wolfserfahrung. Er hat ihn schon gesehen, den Wolf.
Doch diese Begegnungen sind sehr, sehr selten. Der Wolf lebt heimlich. Er meidet den Menschen, denn wir passen nicht in sein Beuteschema. Es gibt also keinen Grund zur Angst, aber Anlass zum Respekt, so Vanessa Ludwig. Sie ist Biologin und arbeitet beim Kontaktbüro „Wolfsregion Lausitz“. Hier fließen die aktuellen Forschungsergebnisse, Beobachtungen und Hinweise aus der Bevölkerung zusammen. Wie viele Wölfe es derzeit in Sachsen gibt, können aber selbst die Fachleute nicht genau sagen. Bisher wurden insgesamt 16 Rudel und Wolfspaare gezählt.
Viel Geld für den Schutz
Dass den Dürrröhrsdorfern nächste Rudel lebt im Hohwald, keine zwanzig Kilometer von der Gemeinde entfernt. Der Bewegungsdrang der Wölfe ist groß. In einer Nacht schaffen sie es problemlos, bis zu 30 Kilometer zurückzulegen, sagt Vanessa Ludwig. Es ist die Suche nach Nahrung, die sie treibt. Rehwild steht auf der Speisekarte ganz oben. Bis zu 400 Tiere verspeist ein Rudel pro Jahr. Auch Hirsche und Wildschweine werden von Wölfen angegriffen, vorausgesetzt, sie sind geschwächt. Konflikte sind programmiert, wenn Haus- oder Nutztiere vom Wolf angefallen werden. Acht Meldungen dieser Art gab es bereits in diesem Jahr, wobei in drei Fällen der Wolf als Täter nicht ausgeschlossen werden kann. Vier Schafe sind dabei getötet worden.
Die Tierbesitzer können auf einen einhundertprozentigen Schadenersatz vertrauen, vorausgesetzt, sie haben die nötigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Vanessa Ludwig rät zu einem mindestens 90 Zentimeter hohen Elektrozaun oder - bei gewerbsmäßiger Schafzucht - auch zu entsprechenden Hunden, die die Herde bewachen und beschützen. Der Freistaat fördert diese Schutzmaßnahmen zu 60 Prozent. Insgesamt gibt Sachsen pro Jahr rund 200000 Euro aus, um über die wachsende Wolfspopulation zu informieren, Schäden durch Wölfe zu ersetzen und Vorsichtsmaßnahmen zu fördern.
Nicht jeder Dürrröhrsdorfer ist mit diesen Ausgaben einverstanden. Das zeigt sich in der Diskussion. Vanessa Ludwig ist aber sicher: Das Geld ist gut angelegt. Die Wölfe waren rund 200 Jahre verschwunden, jetzt sind sie zurück und wir müssen lernen, damit umzugehen, sagt sie. Für Schafhalter bedeutet das, dass sie ihre Tiere nicht einfach anpflocken können, sondern einen Zaun bauen müssen.
Der Wolf steht unter Schutz. Erklärtes Ziel der Europäischen Union ist, lebensfähige Populationen zu schaffen. Dass die Wölfe die Oberhand in unseren Wäldern gewinnen, hält Vanessa Ludwig trotz der enormen Anpassungsfähigkeit des Raubtiers für unwahrscheinlich.
Wie vertreibt man einen Wolf?
Das Nahrungsangebot wird natürliche Grenzen setzen. Und wenn nicht, kann der Mensch als einziger verbliebener, natürlicher Feind des Wolfes eingreifen. Schon heute dürfen Wölfe geschossen werden, die zur Bedrohung werden oder krank sind. Die größte Gefahr besteht, wenn sich Wölfe an die Nähe von Menschen gewöhnen und von ihnen gefüttert werden. Wer einem Wolf im Wald begegnet, wird kaum die Zeit haben, ein Foto zu machen, schnell ist das scheue Tier wieder verschwunden. Wenn nicht, rät Vanessa Ludwig dazu, in die Hände zu klatschen oder mit den Füßen auf den Boden zu stampfen. Das vertreibt das Raubtier, das in hiesigen Breitengraden ohnehin deutlich kleiner und leichter ist als in der einschlägigen Fachliteratur beschrieben.
Die Lausitzer Wölfe wiegen maximal 33 Kilogramm und erreichen eine Schulterhöhe von 72 Zentimeter, möglich wären bis zu 46 Kilogramm und 90 Zentimeter. Über die Gründe debattieren die Experten noch.